Text: Fernando Pessoa - Übersetzung und Regie: Zeha Schröder - Mit: Marcell Kaiser, Benedikt Vermeer und Zeha Schröder (ursprünglich: Pitt Hartmann) - Ort: Aasee, Münster - Dauer: 90 Min. - - Uraufführung: 07.04.1999
Das Stück, mit dem alles begann: unsere Debütproduktion "Der Seefahrer" von 1999 kehrt im August 2009 anlässlich des zehnjährigen Bestehens von F+G noch einmal auf den Aasee zurück.
Als statisches Drama bezeichnet Pessoa sein Werk im Untertitel. Und tatsächlich steht die äußere Handlung von der ersten bis zur letzten Minute still: drei Gestalten, die sich gegenseitig mit "Schwester" anreden, halten die Totenwache bei der Leiche einer vierten. Im Zwischenreich zwischen Nacht und Tag, Tod und Leben, Wachen und Träumen entspinnen sich melancholische, absonderliche Dialoge, die den 1913 entstandenen Text wie einen Vorläufer des absurden Theaters erscheinen lassen.
Zeha Schröders Inszenierung, im Frühjahr 1999 das allererste F+G-Stück überhaupt, unterstrich diese absurde Grundstimmung, indem sie die drei "Schwestern" mit Männern besetzte. Die drei Darsteller wirkten in ihren schweren Mänteln und Stiefeln eher wie apokalyptische Söldner oder gestrandete Matrosen als wie portugiesische Bauersfrauen. Ihre skurrile, oft ironische Sinnsuche glich einem trotzigen Pfeifen im Walde. Und die für das Stück zentrale Erzählung vom gestrandeten Seefahrer, dessen Heimweh so unerträglich wird, dass er sich zur Ablenkung ein ganz anderes Heimatland, eine neue Biographie erträumt (um eines Tages festzustellen, dass dieses erfundene Leben das einzige ist, an das er sich überhaupt noch erinnern kann) - diese Erzählung wurde in dieser Rahmensituation zum Hoffnungsanker für drei offenbar "kaputte" Figuren.
Während der Proben entwickelten die vier Theaterleute eine fixe Idee: Dieses Stück mit seinen schwankende, taumelnden Protagonisten, mit seinen ineinander fließenden Ebenen von Traum und Wirklichkeit und mit seiner immer wieder formulierten Sehnsucht nach dem Meer müsste man - auf dem Wasser spielen! Und so kam es (nach ersten Vorführungen im Pumpenhaus sowie im Aachener Theater K) im September 1999, mit Hilfe der damaligen Kulturamtsleiterin Bernadette Spinnen und des Aasee-"Hausherrn" Peter Overschmidt, zu einer Neufassung des Dramas auf einer schwimmenden Bühne im Aasee.
Das Konzept des Theaters an ungewöhnlichen Orten war geboren. Denn das Stück bildete gemeinsam mit der zweiten F+G-Inszenierung „
Der Totmacher" (im Zwinger) und einem Gastspiel des Transittheaters (Slavomir Mrozeks „Ein Sommertag" im Botanischen Garten) das Repertoire des ersten Jahrgangs des Festivals "Vor Ort", das anschließend (bis 2006) jeden Sommer halb Münster in eine vielgestaltige Bühne für F+G-Stücke und hochkarätige Gastspiele verwandelte.