Text und Darstellung: Zeha Schröder - Regie: Anke Winterhoff - Ort: Medienforum Münster, Verspoel 7-8 - Dauer: ca. 70 Minuten - Uraufführung: 16.12.2014
„Die Nilsson Schmilsson Late Night Memorial Radio Show" (ein Titel, der zu lang ist für die Darstellung in unserem Websitelayout) ist eine Hommage in doppelter Hinsicht. Das Stück erinnert nicht nur an einen der talentiertesten, vielseitigsten und unbekanntesten Singer-Songwriter der 60er und 70er Jahre. Es verbeugt sich auch vor einem Menschenschlag, der im stromlinienförmigen Unterhaltungsbusiness heutiger Prägung kaum noch anzutreffen ist: dem kantigen, selbstbewussten Moderator und Conferencier.
Ein solcher Typ ist Freddy, langjähriger DJ und Musikexperte bei einem namenlosen Regionalsender. Er hat vielleicht nicht die Klasse eines Mal Sondock, aber er sagt offen und unverblümt seine Meinung und passt damit immer weniger in eine Entertainment-Industrie, die sich über Quoten, Likes und Dislikes definiert. Freddy ahnt, dass seine Tage gezählt sind, und er nutzt die vielleicht letzte Gelegenheit, eines seiner persönlichen Idole besonders zu würdigen: Harald Edward Nilsson, einen Computerfreak und IT-Pionier der ersten Stunde, der 1967 die gedeihliche Karriere als Programmierer und Administrator an den Nagel hängt und zu NILSSON SCHMILSSON wird, einem der eigenwilligsten Künstler seiner Zeit, den nicht nur John Lennon und Paul McCartney in seltener Einmütigkeit als ihren ‚favourite American artist‘ bezeichneten.
Die „Radio Show" lässt Harry Nilssons Biografie in Songs und Rückblenden Revue passieren. Aber je länger der Mann am Mikrofon erzählt, desto mehr beschleicht einen das Gefühl, dass sein akustisches Denkmal für einen Unangepassten auch viel über ihn selbst verrät. Aus seiner Aufnahmekabine heraus kommentiert er die kühler werdende Welt da draußen und lässt sich auch durch Mails und Facebook-Kommentare, die in Echtzeit auf seinem Bildschirm eintrudeln, nicht beirren…
Studioatmosphäre prägt die Inszenierung. Der Spielort ist das wohl gemütlichste und sympathischste Aufnahmestudio von Münster, gelegen in den Räumen des medienforums münster am Verspoel. Der heimelige Raum bietet genau die Intimität, die Freddy braucht, um sich über musikalische Perlen und moderne Irrungen und Wirrungen auszulassen. Die Kehrseite der Medaille: Mit maximal zwanzig Zuschauern pro Abend ist das Studio alles andere als ein großer Saal.
Die Inszenierung wurde von Dezember 2014 bis Februar 2017 gezeigt und erlebte rund 30 ausverkaufte Aufführungen.