John Maynard

Text: T. Fontane / Originaldokumente - Regie: Anke Winterhoff - Darsteller: Helge Salnikau und Zeha Schröder - Ort: Fährschiff "Solaaris", Aasee - Dauer: ca. 70 Minuten - Uraufführung: 15.05.2015
Am 9. August 1841 geriet das Fährschiff „Erie“ auf der Passage von Buffalo nach Erie in Brand. Knapp dreihundert Menschen an Bord starben, unter ihnen der Rudergänger Luther Fuller, der bis zuletzt inmitten der Flammen auf seinem Posten ausgeharrt hatte, um das Schiff noch möglichst weit aufs rettende Ufer zuzusteuern.

Rund 45 Jahre später setzt der Dichter Theodor Fontane dem tapferen Seemann in seiner berühmten Ballade „John Maynard“ ein literarisches Denkmal. Nicht nur den Namen des Helden ändert er, auch die tragische Geschichte selbst wird von Fontane zu einem glücklicheren Ende gebracht:

Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo.
Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.
Gerettet alle. Nur Einer fehlt!


Das halbdokumentarische Stück „John Maynard – Geburt einer Ballade“ verknüpft drei verschiedene Erzählstränge miteinander: die spannungsgeladene Handlung der Ballade; den Ablauf des historischen Geschehens anhand authentischer Pressetexte und Gerichtsakten; sowie die Hintergründe zur Entstehung des Gedichts. Das Publikum wird Zeuge, wie Fontane sein Konzept des „poetischen Realismus“, also die literarische Überformung und Verbesserung einer als unvollkommen empfundenen Wirklichkeit, auf eine der aufsehenerregendsten Katastrophen seiner Epoche anwendet.

Als Spielort für diese Inszenierung drängt sich die Aaseefähre „Solaaris“ regelrecht auf. Das Shakespeareprojekt „Sturm compact“ hat uns gezeigt, dass das Schiff einen verblüffenden Realismus entfaltet, auch wenn dem Publikum natürlich rational bewusst ist, dass es sich auf der städtischen „Pfütze“ namens Aasee befindet und nicht auf einem Raddampfer im riesigen Eriesee (bzw. auf der geheimnisvollen Insel des Magiers Prospero irgendwo im Ozean). Aber Fontane würde uns beipflichten, wenn wir nun sagen, dass die Poesie der Rationalität gut und gern mal ein Schnippchen schlägt...

Mit Helge Salnikau und Zeha Schröder agieren zwei beliebte F+G-Schauspieler erstmals als kraftvolles Bühnentandem. Die Inszenierung liegt in den Händen von Anke Winterhoff, die im Dezember 2014 mit der „Nilsson Radio Show“ ihr erfolgreiches Regiedebüt für F+G vorgelegt hat.