Erdbeermund und Galgenstrick

Text: François Villon, Zeha Schröder - Regie: Anke Winterhoff - mit: Helge Salnikau, Zeha Schröder - Ort: Kellerspelunke Nähe Aegidiimarkt, MS - Dauer: ca. 70 Minuten - Uraufführung: 01.05.2025
Muss man das geneigte Publikum vorwarnen, dass ein mittelalterlicher Dichter nicht unbedingt den spätneuzeitlichen Idealen von politischer Korrektheit entspricht? Wir glauben: nein. Manche Sachen verstehen sich von selbst.

Und dass François Villon mit Zoten, Schweinkram und Derbheiten nur so um sich wirft, weiß jeder, der sich auch nur flüchtig mit ihm befasst hat. Villon ist nicht bloß ein Kind seiner Zeit (des 15. Jahrhunderts), sondern auch ein veritabler schlimmer Finger: Dieb, Einbrecher, Totschläger, Lude, zum Tode Verurteilter... you name it. Und darüber hinaus einer der kraftvollsten, geistreichsten, zärtlichsten Dichter, die jemals unter der Sonne (und in der Gosse) gewandelt sind.

Einer seiner größten Verehrer - neben Bert Brecht, Ezra Pound und vielen anderen - war der deutsche Expressionist Paul Zech, der den Franzosen mit grandiosen Versen ins Deutsche geholt hat. Dass er dem Meister bei der Gelegenheit das eine oder andere Poem untergejubelt hat, das in Wahrheit aus seiner eigenen Feder stammte... geschenkt, Villon hätte seinen Spaß an dem Coup gehabt. Und allein für den genialen "Erdbeermund" (dem später Klaus Kinsky zur Unsterblichkeit verholfen hat) wird man Zech jeden urheberrechtlichen Scherz verzeihen.

Wir jedenfalls freuen uns auf einen saftigen, poetischen, durch und durch unkorrekten Abend -- und auf die längst überfällige Rückkehr in unsere kleine verlotterte Gaunerspelunke: das 170 Jahre alte Kellergewölbe, das wie eine gut versteckte Diebesbeute in einem Hinterhof mitten in der historischen Altstadt auf uns und das Publikum wartet...